VON „STALLA VIOLIN“ BIS ZUR AUSGRABUNGSSTÄTTE „DOMUS UND BISCHOFSRESIDENZ“

Die archäologische Stätte namens „Domus und Bischofsresidenz“ ist das Ergebnis eines langen Valorisierungsprozesses, der mit dem Erwerb eines privaten ländlichen Gutshofs begann. Hier führte das Landesamt für Denkmalspflege Ende der 1950er Jahre erste Ausgrabungen durch, bei denen drei Bereiche eines größeren Komplexes zu Tage kamen.

Bei neuen Prospektionen durch die Stiftung Aquileia zwischen 2009 und 2010 wurde ein Saal mit Apsis und Bodenmosaik aus dem frühen 4. Jahrhundert entdeckt; angesichts der großen Bedeutung der Reste wurde ein Projekt zur Überdachung und Musealisierung der Stätte gestartet, um sie den Besuchern zugänglich zu machen.

Bei weiteren Ausgraben (2015-2016) kamen Überreste aus der ersten Kaiserepoche (1.-2. Jh.) ans Licht, insbesondere ein Raum mit Terrocotta-Bodenmosaik und freskengeschmückten Wänden.

Die archäologische Fundstätte bietet mit den überlagerten Fußbodenebenen verschiedener Epochen einen bedeutenden Abriss der Geschichte Aquileias. Rund vier Jahrhunderte antike Stadtgeschichte sind in einem der wichtigsten Ausgrabungsbereiche rund um den Basilikakomplex konzentriert.

Ausstellungsrundgang

Die archäologischen Reste im Gebiet „Domus und Bischofsresidenz“ gehören zu einem Stadtbezirk, der sich außerhalb der zum Zeitpunkt der Stadtgründung (181 v. Chr.) errichteten Ringmauer erstreckte. Die städtische Erweiterung dieser Gegend begann Ende des 1. Jh. n. Chr., nach dem Bau wichtiger Infrastrukturen (Straßen und Abwassersystem).

Die älteste Phase besteht aus einem kleinen Teil einer Domus aus dem 1. Jh. n. Chr., die im Mittelteil des Ausstellungsrundgangs zu sehen ist und sich auf der untersten Ausgrabungsebene befindet.

Über diesem ersten Gebäude wurde im 4. Jh. n.Chr. eine zweite Domus mit großem Empfangssaal und Apsis errichtet, die am Ende des Rundgangs zu sehen ist.

Die darauffolgenden Umbauten des Basilikaviertels zwischen dem 4. und 5. Jh. betrafen auch diesen Stadtsektor, in dem die Gebäude der Bischofsresidenz untergebracht waren, die sehr gut am Anfang des Rundgangs und in der obersten Ausstellungsebene erkennbar sind.

In der Neuzeit wurde ein Produktionsbereich geschaffen, von dem die Funde eines Ziegelofens und eines Kalkofens zeugen, die im Laufe der Ausgrabungen entfernt wurden. Danach folgte der Bau eines Stalls im 9. Jh., der zur heutigen Ausstellungsfläche umgebaut wurde.

DIE BISCHOFSRESIDENZ

Die Überreste der Mosaikböden und des Mauerwerks am Anfang des Besichtigungsrundgangs gehörten zur Residenz des Bischofssitzes in Aquileia.

Ein langer Saal, der möglicherweise mit dem post-theodorischen Basilikakomplex verbunden war, wurde teilweise über den Trümmern des abgerissenen Apsissaals und der Strukturen aus dem 4. Jh. errichtet. Dafür wurde auch früheres Baumaterial wiederverwendet, wie ein Steinblock mit Grabinschrift zeigt, der derzeit Platz im Ausstellungsbereich findet. Die Westmauer trennte den Saal von einem gepflasterten Außenbereich (nicht mehr sichtbar) ab, der dank der Ausgrabung einiger Münzen zeitlich zwischen das Ende des 4. und den Beginn des 5. Jh. n.Chr. eingeordnet werden konnte. Die Zugänge zum Komplex über einen säulengestützten Portikus lagen nach Norden hin; ein weiterer Eingang wird im Osten durch einen Steinpfeiler mit Furche für ein Fallgatter belegt.

Die Bedeutung und der Einfluss des Bischofs von Aquileia innerhalb der aquileischen Gemeinschaft waren im Laufe des 4. Jh. stark gestiegen. Vermutlich waren daher größere Geldmittel verfügbar und schufen die Voraussetzung für die Erneuerung des gesamten ersten christlichen Basilikakomplexes, sowie die Umgestaltung und Erweiterung der dazu gehörenden Räume, wie beispielsweise der Bischofsresidenz.

DAS MOSAIK (5. JH.)

Das ins 5. Jh. datierbare Mosaik besteht aus zwei unterschiedlich breiten und durch ein Band aus gelben Steinchen getrennten Teppichen. Den nördlichen Abschnitt bildet ein Motiv aus kleinen Quadraten, die konzentrisch um einen schwarzen Knopf angeordnet sind und aus Terrakottasteinchen bestehen. Der größere Abschnitt ist langgezogen und mit einem Gitter aus Rauten- und Quadratornamenten verziert, wie es auch in anderen christlichen Kontexten in Aquileia zu finden ist, z.B. Klosterbasilika und Basilika am Fondo Tullio. Das Grundmuster wird durch komplexe geometrische Muster aus der mediterranen und orientalischen Kunst bereichert, der auch die Farbwahl des Mosaiks mit überwiegend gelben, roten und grauen Tönen zuzuschreiben ist. Dieser farbliche Geschmack ist das Unterscheidungsmerkmal der gesamten zeitgenössischen, heute praktisch auf christliche Gebäude beschränkten, aquileischen Produktion, die ebenfalls Ornamente aus Rauten und einfachen bzw. doppelten Salomonsknoten verwendet und sie auch in quadratischer Form darstellt. 

DIE DOMUS (1.-2. JH. N. CHR.)

Die lange Mauer, die unterhalb des Besichtigungsrundgangs den archäologischen Ausgrabungsbereich abgrenzt, gehört zum ursprünglichen Gebäudeblock aus der Römerzeit und wurde in der Folgezeit zwar mehrmals erneuert, blieb jedoch in Gebrauch. Sie entspricht der westlichen Grenze des ersten christlichen Kirchengebäudes (nach 313 n.Chr.), der Fassadenmauer der post-theodorischen Basilika (ca. Mitte des 4. Jh.) und jener der heutigen Patriarchalbasilika.

Die ältesten Bauphasen betrafen Wohnhäuser, von denen der Teil eines Raums mit Mosaik und ein mit Terrakottasteinchen ausgelegter Raum ausgegraben wurden. Die bis auf eine Höhe von über 1 m erhaltenen Wände besitzen elegante Freskenverzierungen, die in die zweite Hälfte des 1. Jh. n. Chr. datierbar sind; sie zeigen einen roten Sockel und große weiße Felder, die durch Lisenen mit Pflanzenelementen unterteilt werden. Ein weiterer Raum mit Stampfboden gehörte eventuell zu einer Freifläche; durch ihn verläuft ein Abwasserrohr, das bis zum 4. Jh. Gegenstand wiederholter Instandhaltungen war.

APSISSAAL

Der Apsissaal fällt in die Bauphase im 4. Jh. und wurde innerhalb des vom theodorischen Basilikakomplex belegten Blocks erbaut, der vermutlich zur Bischofsresidenz gehörte. Es handelt sich um einen 100 m² großen Empfangssaal, der nach damals modernen Architekturmodellen geschaffen wurde, die auch in anderen Wohnbauten der gehobenen Schichten Aquileias dokumentiert sind.

Die zum Teil über 5 m breite Apsis war erhöht und mit der Saalebene über eine Stufe verbunden. Decke und Wände waren mit Fresken verziert, von denen zahlreiche Fragmente bei den Ausgrabungen zu Tage kamen: feine Weinranken mit Blättern, Trauben und Vögeln auf rotem Grund hoben die Apsiskuppel gegenüber der einfachen weißen Decke des Raums hervor. Das ursprüngliche Bodenmosaik mit den farbnuancierten Steinchen scheint die Imitation eines Vorhanges zu sein und unterstreicht die repräsentative Funktion der Apsis als Empfangsraum, bei dessen Ausschmückung ein höherer Aufwand betrieben wurde.

DAS MOSAIK DER APSIS

Das Mosaik der Aspis mit raffinierter Vorhangsoptik besitzt eine weiße Bordüre mit traditionellen Efeuranken aus schwarzen Steinchen, die in der Mitte zu einem Medaillon aus rosafarbenen Steinen zusammenlaufen. Diese Art der Verzierung war weit verbreitet in der Malerei und wurde im 4.-5. Jh. n. Chr. in die Mosaikkunst im Mittelmeerraum übernommen; sie reflektiert die damals übliche Verkleidung der Apsiskuppeln in Repräsentationssälen kaiserlicher Residenzen, Privatresidenzen und später auch christlichen Bauten mit wertvollen bestickten Tüchern.

Das ursprüngliche Muster eines großen hängenden Stoffes wird hier auf die Bodenfläche projiziert und wirkt dank der geschickten grauen, rosa und weißen Farbnuancierungen deutlich dreidimensional. Die Wellenbordüre läuft in der Mitte gemäß einem häufig in christlichen Bauten des 5. und 6. Jh. wiederaufgenommenen Schmuckmuster zu einer symbolischen Vogelform zusammen.

DAS MOSAIK IM SAAL

Das Fußbodenmosaik des Saals ist durch Bänder mit raffinierten Pflanzenmotiven in drei Felder unterteilt; in der Mitte befindet sich ein Quadrat, von dem nur noch ein Teil des Rahmens erhalten ist.

Die einfachen geometrischen Muster aus Sechsecken und ineinander greifenden Ringen werden durch vielfarbige figürliche Motive geschmückt; diese sind mit den Ornamenten der theodorischen Säle vergleichbar, die von denselben Künstlern und ebenfalls nach der Mailänder Vereinbarung im Jahr 313 n.Chr. angefertigt wurden. Die Subjekte entstammen dem Repertoire der Genredarstellung, die in der römischen Mosaikkunst breite Anwendung fand: Fische, Tintenfische, Muscheln und Federvieh nebst Trauben, Blumenranken sowie üppig gefüllten Körben und Behältern mit Früchten sollten durch die Anspielung auf die reichen Geschenke der Natur den Gedanken von Wohlergehen und Wohlstand heraufbeschwören.

Der Raum wurde sehr viel benutzt, was die zahlreichen Restaurierungsmaßnahmen im Laufe der Zeit belegen, bei denen die fehlenden Teile durch einfarbige Steinchen oder ein einfaches Gemisch aus Tonscherben und Kalk ersetzt wurden. Auf eine größere Zerstörung hin folgte die Erneuerung des gesamten östlichen Fußbodenabschnitts in vereinfachter Form, d.h. es wurden weitestgehend weniger wertvolle Steinchen aus Ton für die Anfertigung schemenhafter, geometrischer oder figürlicher Motive verwendet, die das ursprüngliche Mosaik imitierten.